EAJRS 2018 in Kaunas/Litauen
Die 29. Konferenz der European Association of Japanese Resource Specialists (EAJRS) fand in diesem Jahr vom 12.-15. September unter dem Titel „(G)localizing Japanese Studies Resources“ in Kaunas/Litauen statt. Organisiert wurde die Konferenz vom Center for Asian Studies der Vytautas Magnus University (ASC). Die dortige noch „junge“ Japanologie unterhält eine umfassende Webseite mit zahlreichen digitalen Angeboten, wie einem Litauisch-Japanisch Wörterbuch. Im Rahmen der Konferenz gab es außerdem eine Vorführung des vom ASC im April 2018 fertiggestellten Dokumentarfilms 「カウナス スギハラを、日本を想う」 (engl. Titelfassung: „Kaunas. The City of Sugihara and Japan“, Sprachen Japanisch/Litauisch). Der Film behandelt vier Personen, die eine Rolle in den litauisch-japanischen Beziehungen gespielt haben, darunter ist auch der Diplomat SUGIHARA Chiune (1900-1986). Er hatte 1940 während seiner Zeit als Konsul in Kaunas durch das Ausstellen von Transitvisa nach Japan ca. 6000 Juden das Leben gerettet. Ein Besuch des historischen Konsulatsgebäudes, in dem sich heute das Museum Sugihara House befindet, gehörte natürlich zum Rahmenprogramm der EAJRS. Als weiteres Ziel einer Besichtigung ist die Bibliothek des ASC, der so genannte Asian Book Space, zu nennen.
Den 85 KonferenzteilnehmerInnen, die aus 20 Ländern angereist waren, wurde ein breites Spektrum an Vorträgen geboten, darunter auch eine Reihe von Beiträgen aus Deutschland oder mit Bezug zu Deutschland. Karine Marandjian (Russian Academy of Sciences, Institute of Oriental Manuscripts) beschrieb die Entdeckung eines Bandes aus der Bücherei des einstigen Japaninstituts in Berlin, welches sich nun im Bestand des IOM RAS befindet. Über den Verbleib der Bücher der japanischen Botschaft in Berlin nach dem Zweiten Weltkrieg berichtete KOYAMA Noboru (ehemals Cambridge University Library). Peter Mühleder und Tracy Hoffmann (beide Universitätsbibliothek Leipzig) stellten das DFG-geförderte diggr-Projekt vor, welches sich mit japanischen Videospielen im Kontext einer globalen Videospielkultur auseinandersetzt, und Cosima Wagner (Freie Universität Berlin) gab einen Einblick in das Projekt zum Forschungsdatenmanagement mit dem Schwerpunkt nicht-lateinische Schriften an der FU Berlin. Die Ōtsuka Bibliothek und das neue CrossAsia Themenportal dazu wurden von Ursula Flache (Staatsbibliothek zu Berlin-PK) besprochen.
Für die ostasiatische Kunstgeschichte könnte ein in Zusammenarbeit mit dem Getty Research Institute durchgeführtes Projekt am Tobunken (Tokyo National Research Institute for Cultural Properties) von Interesse sein, welches KIKKAWA Hideki vorstellte. Es hat zum Ziel, Materialien von japanischen Welt- und Kunstausstellungen von der Meiji- bis zur Vorkriegs-Shōwa-Zeit in umfassender Weise open access zu stellen. Die Veröffentlichung der entsprechenden Webseite ist für Ende Juni 2019 geplant.
OGISO Toshinobo (National Institute for Japanese Language and Linguistics) gab einen Überblick über die historischen Textkorpora, die das NINJAL anbietet, und wie diese mit dem Tool „Chūnagon“ durchsucht werden können. Die Korpora sind mit Scans der Originalseiten verlinkt und werden alle halbe Jahre um neue Inhalte ergänzt.
Mit „khirin“ (Knowledgebase of Historical Resources in Institutes) stellte GOTŌ Makoto (National Museum of Japanese History) eine im Aufbau befindliche Wissensdatenbank für historische Quellen vor, die Linked Data Strukturen und den IIIF Standard nutzt und somit für den internationalen Datenaustausch geeignet ist. Zusätzlich stellte er kurz die „Japan Search“ vor – eine integrierte, digitale Plattform für japanische Kulturgüter aus verschiedenen öffentlichen Einrichtungen, die nach dem Vorbild von Europeana aufgebaut ist. Die Veröffentlichung der ersten Version ist für Anfang 2019 geplant.
Ein gemeinsamer Vortrag kam von YAMAMOTO Kazuaki, FUJIMURA Ryoko und MATSUBARA Megumi (National Institue of Japanese Literature). Sie präsentierten zum einen neue Sammlungen, die über das Digitalsierungsprojekt des NIJL zugänglich sind, und verwiesen auf die freien Datensets mit vormodernen Texten oder Schriftzeichenformen, welche das NIJL in Zusammenarbeit mit dem Center for Open Data in the Humanities anbietet.
UENO Tomoki (National Institute of Informatics) hatte eine umfangreiche Agenda. Zunächst berichtete er vom Stand bei der Umstellung des bisherigen NACSIS-CAT Systems auf CAT2020. Durch Automatisierung und Vereinfachung der Strukturen soll eine Verschlankung und Rationalisierung in der Katalogisierungsarbeit erreicht werden. Auch über die Verwendung eines Bibliothekssystems wie ALMA wird am NII nachgedacht. Darüber hinaus ging er kurz auf die Entwicklung von „Cinii Research“ ein. Dieses in Planung befindliche Discovery System soll unterschiedliche Informationen rund um Forschung (Personen, Forschungsdaten, Projekte, Publikationen, Fördermittel etc.) in verlinkter Form zugänglich machen. Abschließend stellte er mit JPCOAR (Japan Consortium for Open Access Repository) ein neu gegründetes Konsortium aus bislang 571 Einrichtungen vor, welches sich die Weiterentwicklung von institutionellen Repositorien und die Verbreitung des Open Science Gedankens zum Ziel gesetzt hat.
Mit der Auswertung von Archivmaterialen, welche über die Datenbanken von JACAR (National Archives of Japan, Japan Center for Asian Historical Records) öffentlich zugänglich sind, beschäftigten sich gleich zwei Vorträge. Anhand zweier Fallstudien beschrieb MATSUNAGA Shingo (Universität Turku) seine Erfahrungen bei der Recherche im Archiv vor Ort in Estland im Vergleich zur Online-Recherche via JACAR, während OONO Taikan (JACAR) am Beispiel SUGIHARA Chiunes Hilfsmittel für die Suche nach biografischen Daten in den JACAR-Datenbanken vorführte. So hat SUGIHARA Chiune sowohl einen Eintrag in einem Online Lexikon mit Einträgen zu Personen, Orten und Ereignissen als auch eine Seite in einer der zahlreichen thematischen Einstiege, über die JACAR seine Materialien in anschaulicher Form anbietet.
Die Präsentation von OZAWA Takashi (National Diet Library) zur Recherche von japanischen Amtsdruckschriften enthielt eine Fülle von nützlichen Links sowie Tipps und Tricks zur Suche nach diesem nicht einfach zu findenden Material. Es bleibt zu hoffen, dass seine PPT über die Webseite der EAJRS zur Verfügung gestellt wird.
In den Pausen bestand außerdem die Möglichkeit mit KOSAKA Masashi (National Diet Library) in informellen Gesprächen erste Informationen zur zukünftigen Teilnahme von ausländischen Bibliotheken am so genannten Sōshin Sābisu der NDL zu erhalten. Die Änderung des japanischen Urheberrechts ab Januar 2019 macht dies möglich. Über den Sōshin Sābisu ist ein erweiterter Zugriff auf die digitalen Sammlungen der NDL möglich.
Den Schlusspunkt bildete wie immer die General Assembly der EAJRS. Dabei wurde unter anderem das Ergebnis der Wahlen für das Board bekannt gegeben: Aurelijus Zykas, Leiter des ASC sowie ICHIKAWA Yoshinori vom Maison du Japon, Cité Internationale Universitaire de Paris wurden als neue, zusätzliche Board-Mitglieder bestätigt. Wo die Konferenz 2019 stattfinden wird, steht noch nicht fest. Informationen zur Jahreskonferenz der European Association of Sinological Librarians (EASL), die vom 05.-07. September 2018 in Würzburg abgehalten wurde, finden Sie hier.