Im November 2017 war Miriam Seeger, Fachreferentin für Sinologie, auf Informations- und Beschaffungsreise in Ostasien unterwegs; Stationen waren Taipei, Tainan und Hongkong. Die Reise wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert. Während der Stationen konnte sie Gespräche mit verschiedenen regionalen Lieferanten und Datenbankanbietern führen, darunter mit dem Buchhändler Lexis Book Co. 樂學書局 und den Datenbankanbietern Airiti 華藝數位 und Transmission Books & Microinfo 漢珍數位圖書. Von Seiten der Anbieter wurden neue Produkte und Services vorgestellt, zudem wurden Fragen bezüglich der Übernahme von Metadaten in unsere Systeme besprochen. Ein weiteres wichtiges Anliegen der Reise war es unter anderem auch, Kontakte zu antiquarischen Buchhändlern und in Hongkong insbesondere auch zu sogenannten Second Floor Bookstores zu knüpfen, um zukünftig für schwer beschaffbare Literatur wie vergriffene Publikationen und solche jenseits des etablierten Buchmarktes bessere Lieferwege zu ermöglichen. Wir hoffen so zukünftig in diesem Bereich Ihre Wünsche noch besser erfüllen zu können. Die Gelegenheit des Aufenthalts in Hongkong wurde zudem wahrgenommen, um eine kleine Sammlung von Titeln zur Occupy Bewegung, die über die bisherigen Lieferkontakte nicht verfügbar waren, zu erwerben. Diese Sammlung soll auch weiterhin ergänzt werden.
In Hongkong erworbene Titel zur Occupy Bewegung (Bild: Staatsbibliothek zu Berlin-PK/Miriam Seeger CC BY-NC-SA)
Eingang zu Lexis Book Co. LTD (Bild: Staatsbibliothek zu Berlin-PK/Miriam Seeger CC BY-NC-SA)
In Taipei wurden an der Academia Sinica die Kuo Ting-yee Library 郭廷以圖書館 des Institute of Modern History 近史所, die Fu Ssu-Nien Library 傅斯年圖書館 des Institute of History and Philology 史語所 sowie die Joint Library of Humanities and Social Sciences 人文社會聯合圖書館, in der die Bibliothek des Institute of Taiwan History 臺史所 angesiedelt ist, besucht. Im Rahmen der Besichtigungen der Bibliotheken mit international herausragenden Sammlungen wurden zudem engere Kooperationsmöglichkeiten eruiert, insbesondere zum direkten und schnelleren Austausch von Ressourcen und Informationen zwischen den Bibliotheken der Academia Sinica und der Staatsbibliothek zu Berlin.
Beim Besuch des National Museum of Taiwan Literature, mit Pei-Jung Lin und Chien Hui Ting (Bild: National Museum of Taiwan Literature)
In Tainan besuchte Miriam Seeger das National Museum of Taiwan Literature 國立臺灣文學舘. Die Ostasienabteilung der Staatsbibliothek erhält dankenswerterweise auf Initiative von Frau Chien Hui Ting 丁千惠 seit 2016 Publikationen des Literaturmuseums als Geschenk. Die diesjährige Reise wurde zum Anlass genommen, die Kolleginnen in Tainan kennenzulernen. Im Rahmen einer Führung durch die Bibliothek des Museums sowie durch verschiedene Schwerpunktausstellungen zur Literaturgeschichte in Taiwan wurde die Kooperation zwischen den beiden Institutionen und das gegenseitige Verständnis in Bezug auf Aufgaben, Ressourcen und Angebote vertieft.
In Hongkong konnte die Gelegenheit wahrgenommen werden, mit der Direktorin der Chinese University of Hong Kong Library, Louise Jones, sowie ihrer Stellvertreterin, Maria Lau, eine Kooperation zwischen der Staatsbibliothek und der CUHK Library zu diskutieren und weiterzudenken. Die Kooperation soll einen engeren Ressourcen- und Informationsaustausch zwischen den Bibliotheken umfassen, darunter sind beispielsweise der Tausch von Publikationen und Materialien, aber auch eine engere digitale Zusammenarbeit angedacht.
Beim Besuch der CUHK Library konnte zudem die beeindruckende Sammlung des Hongkonger Buchhändlers Xu Wancheng 許晚成 mit zahlreichen Titeln aus der Minguo-Zeit sowie der Zeit der Kulturrevolution besichtigt werden. Die sogenannte „Long Wen Collection“ ist nach dem Namen des Buchladens von Herrn Xu benannt, Lung Man Book Store 龍文書店, kantonesisch für Long Wen. Nach dem Tod von Herrn Xu wurden die Bücher des Ladens zunächst in einem Apartment aufbewahrt. Als es niemanden mehr gab, der sich um die Sammlung hätte kümmern können, sollte die Sammlung über eine Recycling-Firma entsorgt werden. Die CUHK Library erfuhr dies durch Zufall und konnte die Sammlung 2010 und 2011 über die Recycling-Firma erworben. Aktuell werden die Titel der Sammlung in die Suchsysteme der CUHK Library eingearbeitet.
Ein weiterer Besichtigungspunkt war das relativ neu etablierte Digital Scholarship Lab, das Studierenden und Forschern einen Raum in der Bibliothek bietet, sich zu neuen Forschungsmethoden zu informieren, diese in einem innovativen und flexiblen Umfeld auszuprobieren und anzuwenden sowie sich mit Gleichgesinnten bei Kolloquien und Vorträgen auszutauschen.
Darüber hinaus konnten während der Reise verschiedene Workshops und Tagungen besucht werden, die dem Informationsaustausch und der Vernetzung dienten:
International Joint Research and Training Program for Nation’s Memory and Archives Management 國家記憶與檔案管理國際培訓研習會
Gruppenbild des International Workshops for Professional Librarians (Bild: National Central Library)
Dieser “International Workshop for Professional Librarians” fand bereits zum fünften Mal an der National Central Library (NCL) in Taipei statt. Dieses Jahr wurde sich dort zu Themen wie Sammlung, Organisation und Erhalt von Schriftgut mit dem Ziel des Aufbaus nationaler Archive ausgetauscht. Zentral vertreten waren u.a. Themen des Erhalts und der Restaurierung von Schriftgut sowie neue Recherchemöglichkeiten und Digitalisierung. Teilnehmer und Teilnehmerinnen kamen aus Europa, den USA und Kanada, Südostasien, Australien, Hongkong, Singapur und Taiwan.
Musiker bei der Welcome Reception (Bild: National Central Library)
Vorträge von zentralem Interesse hinsichtlich der Entwicklungen und Angebote in Taiwan seien hier beispielhaft genannt: Der Präsident der Academia Historica 國史館, Mi-cha Wu 吳密察, sprach zur Entwicklung digitaler Archive und Sammlungen der Regierung Taiwans im 21. Jahrhundert; die Generaldirektorin der NCL, Shu-hsien Tseng 曾淑賢, präsentierte Stand und geplante Entwicklungen des Taiwan Memory System der Nationalbibliothek; Michael Shi-yung 劉士永 vom Institute of Taiwan History der Academia Sinica stellte die aktuellen Vorhaben im Bereich der Digitalisierung an der Academia Sinica vor, mit Fallbeispielen aus dem Institute of Modern History und dem Institute of Taiwan History; James Quo-ping Lin 林國平, Leiter des Department of Cultural Creativity and Marketing des National Palace Museum, zeigte digitale Anwendungen für augmented reality als Begleitangebote zu den Sammlungen und Ausstellungen des Museums. Weitere Vorträge kamen von Vertretern der Nationalbibliotheken bzw. -archive Südkoreas, Singapurs, Australiens, Kanadas, etc. Der Workshop bot darüber hinaus Gelegenheit, Kontakte zu zahlreiche Bibliotheken mit sinologischen Sammlungen weltweit zu knüpfen. Im Rahmen des Workshops wurden unter anderem die National Archives Administration besucht sowie die dort angesiedelte Restaurierungswerkstatt und das Digitalisierungszentrum besichtigt.
Die Gelegenheit des Workshops nutzte Miriam Seeger auch dazu, eine Festplatte mit einem Abzug von Sinica-Digitalisaten der Ostasienabteilung an die Kollegen der NCL zu übergeben, die in Kürze gemeinsam mit weiteren bedeutenden internationalen Sammlungen von Rara-Digitalisaten über das Portal der NCL zugänglich gemacht werden sollen. Für CrossAsia Nutzer und Nutzerinnen besteht nun auch die Möglichkeit, sich Digitalisate der NCL nicht nur anzeigen zu lassen (diese sind seit Beginn 2017 frei zugänglich), sondern diese auch ausdrucken zu können.
大數據時代的古籍進化論研討會 (Neue Entwicklungen zur Erforschung des klassischen chinesischen Buchs im Zeitalter von Big Data)
Webauftritt zur Konferenz “Neue Entwicklungen zur Erforschung des klassischen chinesischen Buchs im Zeitalter von Big Data”
Auf Einladung der Organisatoren, dem Anbieter Transmission Books & Microinfo 漢珍數位圖書, besuchte Miriam Seeger die eintägige Konferenz, die in den Räumen der Academia Sinica stattfand. Die Konferenz sowie die verschiedenen Vorträge von Forschern der National Taiwan University, der Academia Sinica sowie der Chinese University of Hong Kong standen unter dem Motto des Austauschs von Erfahrungen bei der Benutzung von Datenbanken im Kontext der klassischen Sinologie.
8th International Conference of Digital Archives and Digital Humanities (DADH) 第八届數位典藏與數位人文國際研討會
Auf dem Weg zur DADH Konferenz: Campus der NCCU (Bild: NCCU)
Die bereits zum achten Mal stattfindende DADH Konferenz wurde 2017 an der National Chengchi University (NCCU) ausgerichtet und stand unter dem Motto „Digital Humanities Evolving: Past, Present, and Future“ 演化中的數位人文. Zahlreiche Vorträge zu aktuellen Entwicklungen in den DH, wie neue Tools und deren Anwendungsmöglichkeiten, Visualisierungsmöglichkeiten von Daten etc. wurden in Vorträgen und anhand von Postern präsentiert. Miriam Seeger stellte in diesem Kontext mit ihrem Vortrag „CrossAsia – Services and Resources for Digital Humanities in Asian Studies“ aktuelle Entwicklungen im Rahmen des Fachinformationsdienstes CrossAsia – FID Asien vor: Ein sich im Aufbau befindliches Repositorium soll Volltexte aus lizenzierten Datenbanken sowie frei zugänglichen Quellen über die CrossAsia Suche sowie über autorisierte Schnittstellen für registrierte Nutzerinnen und Nutzer zur Verfügung stellen. Sie stellte die sich aktuell im Aufbau befindliche Architektur des Repositoriums vor sowie dessen geplante Verzahnung mit den verschiedenen bereits bestehenden Angeboten von CrossAsia, wie die Suche und das Datenbankangebot. Darüber hinaus stellte sie Überlegungen dazu an, wie dieses Angebot im Rahmen internationaler Kooperationen mit Forschungsinstituten, Bibliotheken, Datenbankanbietern etc. weitergedacht werden kann.
Poster zur DADH Konferenz
Begrüßung durch den stellvertretenden Rektor der NCCU, Shu-Heng Chen 陳樹衡 (Bild: NCCU)