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Buddhismus und Kunst in Thailand – Die Sammlung Heinrich Damm

Heinrich Damm (1947-2016) hatte seit seiner ersten Begegnung mit Thailand in den frühen 1970er Jahren die Begeisterung für das Land gepackt und sie ließ ihn nicht mehr los. Während zahlreicher Aufenthalte befasste er sich intensiv mit der Kultur, der Kunst und der Geschichte des Landes. Er erlernte Thailändisch und verbrachte längere Zeit in thailändischen Klöstern, um den Buddhismus zu studieren. In fast 50 Jahren trugen er, der beruflich als IT-Fachmann tätig war, und seine Frau Anne Heitzer (1955-2022) eine exzellente Literatursammlung mit dem Schwerpunkt Buddhismus und Kunst in Thailand zusammen. Nach dem Tode der Eheleute übernahm die Staatsbibliothek zum größten Teil als Schenkung ca. 260 Bücher aus der Sammlung, davon 57 in Thailändisch.

Als praktizierender Buddhist fühlte sich Heinrich Damm der Tradition der thailändischen Waldmönche verbunden, einer Bewegung des thailändischen Theravada-Buddhismus, der die strenge Einhaltung der Ordensregeln zugrunde liegt und in der Meditation eine große Rolle spielt. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sich in der Sammlung zahlreiche Publikationen von Mönchen der Waldtradition, wie z.B. von Ajahn Mun Bhuridatta (1861-1949), einem ihrer Begründer, sowie von Ajahn Chah (1918-1992), Ajahn Buddhadasa (1906-1993), Ajahn Maha Bua Nanasampanno (1913-2011) befinden bzw. Publikationen über diese Mönche. Besonders die einflussreichen und über die Grenzen Thailands hinaus bekannten Mönche Ajahn Buddhadasa und Ajahn Chah zogen viele westliche Schüler an, die zur Verbreitung der Lehre in der westlichen Welt beitrugen. Dass sich Heinrich Damm sehr intensiv mit Meditation beschäftigte, davon zeugen die zahlreichen Anleitungen zum Meditieren.

Unter der buddhistischen Literatur befinden sich etliche Publikationen zum Thema „engagierter Buddhismus“, einer Bewegung innerhalb der buddhistischen Gemeinschaft, die in den 1950ern entstanden war und deren Bestrebung die Verknüpfung von Mitgefühl (Karuna), einer wesentlichen ethischen Säule des Buddhismus, mit der Übernahme von Verantwortung für die Verbesserung der sozialen, wirtschaftlichen, politischen und Umweltbedingungen ist, um letztlich das Leiden der Menschen zu mindern. Die aktive Teilnahme an gesellschaftlichen Prozessen kennzeichnet das Handeln der engagierten Buddhisten. Ein bedeutender Vertreter dieser Bewegung ist der vietnamesische Mönch Thich Nhat Hanh. Namhafte Vertreter in Thailand sind u.a. Ajahn Buddhadasa, Prayut Payutto und Sulak Sivaraksa. Die meisten Theravada-Buddhisten hingegen, insbesondere die Mönche, sind bestrebt, sich von weltlichen Angelegenheiten fernzuhalten. Sie sehen den Weg zur Erlösung von den Leiden allein in beständigen Übungen des Einzelnen zur Loslösung von weltlicher Begierde durch Meditation, Erlernen von Dharma und Erlangung der Einsicht in die Wahrheiten der Lehre Buddhas sowie der Verrichtung buddhistischer Zeremonien.

Auch Heinrich Damm engagierte sich. Er unterstützte den Aufbau des buddhistischen Klosters „Wat Dhammaniwasa“ in der Region Aachen, wo er wohnte, und er förderte z.B. die Ausbildung von thailändischen Jugendlichen in Deutschland und in Thailand über The SET Foundation, die von einem dort lebenden westlichen Mönch gegründet worden war.

Ein weiterer Schwerpunkt in der Sammlung ist die Kunst in Thailand und auch in anderen südostasiatischen Ländern. So sind Sachliteratur, hochwertigen Bildbänden und kleine Führer zu den unterschiedlichen Kunstgattungen zu finden: buddhistische Wandmalerei, Tier- und Pflanzendarstellungen in der thailändischen Kunst, Tempelarchitektur, Ornamentik, Kunsthandwerk, Tanztheater, um nur einige Bereiche zu nennen. Darüber hinaus enthält die Sammlung auch Publikationen über kulturelle Werte und Umgangsformen, traditionelle Holzhäuser und viele andere Themen bis hin zu Bildungswesen, Geologie, Umgang mit Elefanten, Bambus als Baustoff – kaum ein Thema, zu dem sich in der Sammlung nichts finden ließe.

Wenn Sie die eine oder andere bedeutende Publikation nicht über den Link zu unserer ca. 260 Titel umfassenden Heinrich Damm-Sammlung am Ende des Beitrags finden, ist das nicht verwunderlich. Vermutlich befand sich diese Publikation bereits vor der Schenkung im Bestand der Staatsbibliothek und Sie finden diese Publikation in unserem Katalog. Da Dubletten nicht eingestellt werden, haben ca. 250 Bücher aus der Damm-Sammlung ihren Platz in einer anderen Bibliothek gefunden.

Lassen Sie sich von der Sammlung inspirieren.

500 thailändische Bücher neu im Katalog – Dank gilt der thailändischen Botschaft

Ende 1977 unternahm Herr Dr. Hartmut-Ortwin Feistel, der damalige Südostasien-Referent und spätere Leiter der Orientabteilung, zu der der Bereich Südostasien bis 2019 gehörte, eine Reise in mehrere südostasiatische Länder, um Kontakte zu Lieferanten zu knüpfen. In Bangkok lernte er Mitarbeiter:innen des Verlags Duang Kamol kennen und beauftragte sie mit der Lieferung von Büchern. Obwohl das nicht die ersten thailändischen Bücher in der Staatsbibliothek waren, kann man sagen, dass damit der Grundstein für die moderne Sammlung thailändischer Literatur an der Staatsbibliothek zu Berlin gelegt wurde. 1978 trafen die ersten 685 Bände, überwiegend in Thailändisch, ein. In den darauffolgenden Jahren kamen zahlreiche weitere Lieferungen.

 

provisorische Titelaufnahme

Akzessionsordner

Zu der Zeit gab es in der Staatsbibliothek keine Mitarbeiter:innen, die der thailändischen Sprache mächtig waren. Um die Bücher dennoch den Leser:innen zugänglich zu machen, wurde ein thailändischer Student mit der Erfassung der bibliographischen Daten beauftragt. Das geschah, wie damals üblich, ausschließlich in Transkription. Die Erfassungsbögen wurden in 2 Ordnern abgeheftet.

Die Bücher fanden mit Signatur im Magazin ihren Platz. Theoretisch nutzbar, aber praktisch nicht auffindbar gerieten sie in Vergessenheit.

 

Thailändische Bücher im TiefmagazinAls die Ordner eines Tages wieder zum Vorschein kamen, entstand im Gespräch mit der thailändischen Botschaft die Idee zu einem Katalogisierungsprojekt. Die thailändische Botschaft stellte eine Geldspende für einen Werkvertrag zur Katalogisierung von 500 dieser thailändischen Bücher aus den Anfangsjahren zu Verfügung. Die Bücher sind alle in den 1960er und 1970er Jahren und Anfang der 1980er Jahr erschienen und konnten nun, wie es seit 2015 Standard ist, in Originalschrift und Transkription katalogisiert werden. Sie sind über den Online-Katalog der Staatsbibliothek und die CrossAsia-Suche recherchierbar. Thematisch können die Bücher hauptsächlich den Sachgebieten Geschichte, Politik, Monarchie, Verwaltung, Arbeitsmarkt, Wirtschaftsentwicklung, Buddhismus, Kunst, Literatur und Sprachwissenschaft zugeordnet werden. Unter anderem sind mehrere Titel über Teilaspekte der Kulturgeschichte des alten Siam von Chali Iamkrasin darunter. Unter den zahlreichen Romanen und Kurzgeschichten befinden sich Werke von Autoren wie Rong Wongsawan, Chalœ̄msak Rongkhaphalin, Khamphun Bunthawi, Nimit Phūmithāwō̜n, Phrǣ Sōphin, Wasan Akkaradet und Ratsamīdārā.

Hier können Sie in den Titeln stöbern.

Unser besonderer Dank gilt der Königlich Thailändischen Botschaft in Berlin für die Geldspende und Frau Panchapa Wattanasiri, die die Katalogisierung der Bücher übernommen hat.

Besuch des thailändischen Botschafters

Am 15. Februar 2018 besuchten der thailändische Botschafter, SE Dr. Dhiravat Bhumichitr, und Dr. Manusavee Monsakul, Botschaftsrätin für Politik, Bildung und Kultur, die Orientabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin. Der Botschafter übergab der Bibliothek 39 Bücher aus Thailand, 28 davon in Thailändisch. Es handelt sich hauptsächlich um Bücher bekannter thailändischer Autoren, deren Werke den Southeast Asian Writers Award, ein wichtiger Literaturpreis in Südostasien, gewonnen haben, wie z.B. Khropkhrua klang thanon (Familie auf der Straße) von Sila Khomchai, Phǣndin ʻư̄n (Ein anderes Land) von Kanokphong Songsomphan oder Rao long lư̄m ʻarai bāng yāng (Wir vergessen etwas) von Watchara Satchasarasin. Diese Bücher stellen eine wertvolle Ergänzung des Thailand-Bestandes der Staatsbibliothek dar, der mit ca. 15 000 Bänden (davon ca. 5000 in Thailändisch) den umfangreichsten in Deutschland bildet.

Herr Christoph Rauch, Leiter der Orientabteilung, und Frau Dr. Claudia Götze-Sam, Fachreferentin für Südostasien, informierten Herrn Dhiravat Bhumichitr und Frau Manusavee Monsakul über die thailändischen Bestände zu denen auch ca. 300 Handschriften aus Thailand gehören. Im Gespräch interessierten sich die Gäste besonders für die Bearbeitung und Präsentation der thailändischen Literatur in der Staatsbibliothek. Eine zukünftige Zusammenarbeit wurde erörtert. Beeindruckt waren die Gäste von den 10 thailändischen Handschriften, zumeist Faltbücher mit astrologischem Inhalt, die anlässlich des Besuchs gezeigt wurden. Ein Gang durch das Haus an der Potsdamer Straße beendete das Treffen.